So testet das FOCUS E-BIKE MAGAZIN

Gemeinsam mit den kompetenten Fahrradspezialisten von Velomotion und dem Prüflabor PT-Labs stellt das FOCUS E-BIKE Magazin regelmäßig diverse E-Bikes auf den Prüfstand

Veröffentlicht:
Aktualisiert: 2023-03-29T00:00:00+02:00
Inhaltsverzeichnis
E-Bike auf dem Labor-Prüfstand

© Velomotion

Schon seit 2016 testet FOCUS mit großem Aufwand jährlich rund 80 E-Bikes. Über 60 Testkriterien werden pro E-Bike in Labor und Praxis ermittelt und abgefragt, um so einen aussagekräftigen und belastbaren Überblick über die Qualität der am Markt befindlichen E-Bikes aller relevanten Hersteller zu gewinnen. Mit Blick auf Tiefe und Umfang sprechen wir mit Stolz vom größten E-Bike-Test Deutschlands!

Das ist neu

Seit dem Modelljahreswechsel 2021 arbeitet FOCUS E-BIKE für die Labortests mit dem innovativen Prüflabor PTLabs aus Zeil am Main zusammen. Gemeinsam mit den Fahrrad-Experten von Velomotion werden das ganze Jahr über Tausende von Testdaten erhoben – unter anderem auf dem brandneuen und speziell entwickelten E-Bike-Leistungsprüfstand namens „P1“ – und nach einem abermals erweiterten Prüfprogramm bewertet. Für die neue Saison haben wir die Labortests um hochspannende Kriterien ausgebaut. Um die Antwort auf eine der drängendsten Fragen von E-Bike-Käufern – die nach der Reichweite – besser darstellen zu können, gehen wir weg von zu vielen Einzelwerten und haben stattdessen eine kombinierte Norm-Reichweite geschaffen. Diese soll den harten Alltag, optimal auf die jeweilige Kategorie abgestimmt, simulieren: Mehr Stop-and-Go in der Stadt, steile bergauf Passagen mit dem MTB, lange flotte Strecken mit dem Touren-Bike. Was sich zeigt, ist eine Reichweite, die deutlich kürzer ist als die, die viele Hersteller angeben. Dafür orientiert sich dieser Wert am realen Alltag und zeigt, was mit einem vollgeladenen Akku mindestens immer zu schaffen ist, mit der man planen kann. Klar, leichte Fahrer und solche, die viel Eigenleistung einbringen werden deutlich weiterkommen, aber es geht auch hier wie so oft um eine Vergleichbarkeit und Orientierung im breiten Spektrum des Angebots. Der zweite Reichweitenwert, die minimale Reichweite, hingegen gibt den Wert an, den man in höchster Unterstützungsstufe bergauf (6 % Steigung) erreichen kann. Daraus lässt unter anderem auch eine minimale Reichhöhe errechnen, die dann vor allem beim E-Mountainbike interessant wird. Beispiel: 20 km Strecke bei 6 % Steigung ergäben eine minimale Reichhöhe von 1.200 Höhenmetern.

Nichts geht über die eigenen Erfahrung

Diese Laborwerte und auch die kombinierte Reichweite decken sich im Übrigen sehr gut mit unseren Erfahrungen aus den Praxistests. Wichtig zu wissen, denn auch in dieser Testsaison gilt: Zu jedem ausführlichen Labortest gehört ein ebenso ausführlicher Praxistest. Werte aus über 30 Testkriterien ergeben im Gesamtpaket die Abschlussnote für jedes eingereichte und getestete E-Bike.

Der FOCUS E-BIKE Test – Das wird im Labor getestet

Hier ein Überblick über die wichtigsten (neuen) Kriterien, die bei jedem Kandidaten geprüft und in die Note übernommen werden:

Maximale Leistung: Insbesondere bei steilen Passagen im urbanen Bereich ist die maximale Leistung als ein wichtiger Parameter von Bedeutung, um ein müheloses Überwinden von Anstiegen zu gewährleisten.

Thermische Stabilität: Da alle Räder eine normative Nenndauerleistung von 250 W besitzen, kann die Spitzenleistung bei steilen Anstiegen nur über einen begrenzen Zeitraum zur Verfügung gestellt werden. Ermittelt wird, wieviel Prozent der Anfangsleistung nach zehnminütiger Volllast noch zur Verfügung stehen.

Unterstützungsfaktor (U-Faktor): Dieser Wert gibt an, wie stark die Antriebseinheit die eingebrachte Humanleistung verstärkt. Ein Faktor von 2 gibt beispielsweise an, dass durch das Bike die doppelte Leistung des Fahrers mit auf die Straße gebracht werden (Fahrer bringt 100 W ein, das Bike gibt 200 W dazu, am Reifen kommen also insgesamt 300 W an).

Reichweiten: Die Reichweite ist eine äußerst komplexe Kenngröße, die nicht allgemeingültig beantwortet werden kann. Daher wird die Reichweite mit einem „Normfahrer“ auf dem Prüfstand ermittelt. Es werden zwei Werte angegeben:

  1. Eine kombinierte Norm-Reichweite, die zahlreiche typische Fahrszenarien beinhaltet (Überland mit bergauf/bergab, sowie Stadt mit Stop and Go etc.).
  2. Eine minimale Reichweitenabschätzung bei maximaler Unterstützung und non-stop steil bergauf (6 % Steigung).

Beide Messungen werden bei einer mittleren Trittfrequenz von ca. 60 rpm durchgeführt.

Reichweiteneffizienz: Reichweite ist nicht alles – kleine Akkus können nicht so lange unterstützen wie große; doch große Akkus bedeuten auch mehr Gewicht und damit verbunden häufig eine schlechtere Verbrauchseffizienz. Ermittelt wird der Verbrauch in Wattstunde pro Kilometer (Wh/km).

Abschaltverhalten: Für dieses Prüfkriterium werden zwei Werte kombiniert bewertet. Zunächst möchte man als Fahrer bei Nutzung der höchsten Unterstützungsstufe mit möglichst geringer Anstrengung eine Geschwindigkeit nah an der erlaubten Höchstgeschwindigkeit erreichen. Das Abschaltverhalten an dieser Grenze soll sich aber möglichst natürlich anfühlen und soll für den Fahrer kaum wahrnehmbar erscheinen. Die Kunst besteht für das Regelverhalten also darin, in diesem Übergangsbereich kein „An-Aus-Gefühl“ zu erzeugen oder den Fahrer jenseits der 25 km/h gefühlt „gegen eine Wand“ fahren zu lassen.

Maximale Unterstützungsgeschwindigkeit: Einige Testkandidaten reizen die gesetzliche Toleranz von zehn Prozent nahezu voll aus – sprich diese unterstützen bis 27,5 km/h – gewagt, auch wenn es für den Fahrer verlockend klingt. Unterstützt ein E-Bike nämlich bis 27,6 km/h wird es zum zulassungspflichtigen S-Pedelec. Vielmehr gilt es den Toleranzbereich für einen harmonischen Übergang von Unterstützung zur Abschaltung auszunutzen.

Anfahrtverhalten: Gerade bei häufigem Stop-and-Go ist es wichtig, dass ein E-Bike-Antrieb nicht schon nervös zuckt, sobald der Fuß auf dem Pedal ruht. Umgekehrt soll – gerade an steilen Stellen oder an Ampeln – beim Anfahren zügig ohne Verzögerung unterstützt werden. Insgesamt wird also ermittelt, wie schnell das E-Bike beim Anfahren mit einem hohen Unterstützungsmoment einsteigt und wie anwenderfreundlich diese Regelung gelöst ist. Wichtig: Für die Darstellung der Testergebnisse in den Übersichtstabellen, sind die drei letzten Werte zu einem Kriterium „Antrieb“ kombiniert.

Fahren ohne Motorunterstützung: Wie hoch ist der Widerstand des Systems – wie leicht fällt also das Fahren ohne Motorunterstützung? Nabenschaltungen etwa „knabbern“ einiges von der eigenen Leistung ab, ehe diese in Form von Vortrieb auf die Straße kommt. Gemessen wird, wieviel Leistung von 100 W eingebrachter Tretleistung tatsächlich auf der Straße ankommt – klar, je mehr, desto besser.

Der FOCUS E-BIKE Test – Das wird in der Praxis getestet

Alle Ergebnisse des Labortests werden in umfangreichen Praxistests verifiziert. Das heißt, was eine Bremse auf dem Prüfstand zu leisten vermag muss nicht deckungsgleich mit der Performance auf der Straße sein. Hier spielen auch Ansprache, Dosierbarkeit und Bedienbarkeit hinein.

Insgesamt umfasst die Praxisbewertung folgende Testkriterien, die je nach Kategorie eines Rades unterschiedlich gewichtet werden.

  • Wendigkeit
  • Flatterneigung
  • Stabilität
  • Beschleuinigung Ebene
  • Beschleunigung Berg
  • Fahren ohne Motorunterstützung
  • Anfahren am Berg
  • Ergonomie am Lenker
  • Ergonomie Komplettrad
  • Akku Ein- und Ausbau
  • Federgabel
  • Sitzkomfort (auch Teleskopstütze oder gefederte Stütze)
  • Schiebehilfe
  • Verstellbarkeit der Sattelhöhe
  • Verstellbarkeit von Lenker und Vorbau
  • Ergonomie der Griffe
  • Schalten: Präzision, Bedienung, Übersetzungsbandbreite
  • Bremsen: Ansprache, Päzision, Dosierbarkeit, Bedienbarkeit
  • Display: Informationsgehalt, Bedienbarkeit, Lesbarkeit

Neue Darstellung und neue Auszeichnungen

Wie gehabt fließen alle Testergebnisse und Bewertungen in eine vergleichbare Note im System der Schulnoten – von sehr gut bis ungenügend. Neu ist, dass neben dem Preis-Leistungs-Sieger eines Testfelds, bestimmte Leistungsmerkmale hervorgehoben und eine zusätzliche Auszeichnung verliehen werden. Diese sind von Kategorie zu Kategorie, von Testfeld zu Testfeld unterschiedlich und werden für die drei Erstplatzierten (Bronze, Silber, Gold) dargestellt. Ab sofort gibt eine Gesamttabelle einen Überblick über alle relevanten Werte und Testergebnisse. Die besten Werte innerhalb eines Testkriteriums sind dabei hervorgehoben. Sind rechnerisch identische Werte ermittelt, entscheidet das preislich günstigere Bike die Wertung für sich. Die letzten beiden Spalten der Tabelle gehen auf, aus Sicht der Redaktion, besonders relevante Werte für die entsprechende Kategorie ein.

Hinweis der Redaktion: Im Sinne einer besseren Lesbarkeit unserer Artikel verwenden wir kontextbezogen jeweils die männliche oder die weibliche Form. Sprache ist nicht neutral, nicht universal und nicht objektiv. Das ist uns bewusst. Die verkürzte Sprachform hat also ausschließlich redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung. Jede Person – unabhängig vom Geschlecht – darf und soll sich gleichermaßen angesprochen fühlen.